Vergessene Kunst

Kate Diehn-Bitt – Hedwig Holtz-Sommer – Elisabeth Sittig
Künstlerinnen der Verschollenen Generation aus der Sammlung der Universität Rostock

Elisabeth Sittig: Erwachendes Kind. Kaltnadelradierung, o.J.
Hedwig Holtz-Sommer: Nächtliche Kneipe. Holzschnitt, o.J.
Kate Diehn-Bitt: Mädchen beim Baden. Handzeichnung Aquarellstift, 1958
Kate Diehn-Bitt: Frau mit Kind neben Calla-Blüte. Handzeichnung Kreide, 1933

Eröffnung:
28. Juli 2021, 19:30 Uhr

Grußwort:
Prof. Dr. Wolfgang Schareck
Rektor der Universität Rostock

Es spricht:
Cathrin Frühauf
Universitätsbibliothek Rostock, Kustodie

Bereits ab 18:30 findet das offene Atelier im Schleswig-Holstein-Haus statt.
Ingar Krauss (Fotografie) Stipendiat der Hanse- und Universitätsstadt Rostock gibt einen Einblick in seine Arbeit.

Kunstgespräch am Sonntag:
22.8.2021, 15 Uhr


In den 1920er Jahren kristallisierte sich eine aufstrebende Gruppe an jungen Künstlern und Künstlerinnen heraus, die auf Grund ihres Alters noch nicht ganz zur großen Avantgarde der Klassischen Moderne gehörten, jedoch durchaus das Potential dazu gehabt hätten. Ihr Aufstieg in den künstlerischen Olymp wurde jäh durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten unterbrochen. Viele galten nach 1933 als verfemt, wurden verfolgt oder gar ermordet. Jene, die überlebten, konnten jedoch nach 1945 nicht mehr an ihre alten Erfolge anknüpfen. Ihre Namen waren noch nicht groß genug für die internationale Museumslandschaft. Trotz des politischen Neuanfangs blieb ihnen ein wirklicher Neuanfang verwehrt. Eine nachfolgende Künstlergeneration begann sich bereits herauszubilden und ihnen den Platz streitig zu machen.
Manche erlangten immerhin einen Bekanntheitsgrad auf regionalem Raum, doch etliche fielen dem Vergessen anheim. Die drei in der Ausstellung präsentierten Künstlerinnen einte genau dieses Schicksal. Außerhalb ihrer Mecklenburger Wahlheimat war ihnen der Anschluss an den gesamtdeutschen und europäischen Kunstmärkten nicht mehr möglich. Sie waren noch zu Lebzeiten dort vergessen worden. Auch entsprach ihr künstlerischer Stil nicht mehr dem, was die neuen Kulturfunktionäre und Galeristen beidseitig der innerdeutschen Grenze als Kunst definierten: In der Bundesrepublik entwickelte sich zunehmend eine gegenstandslose Kunst heraus, in der sie sich nicht widerfanden. In der DDR wurde der Sozialistische Realismus zur Staatskunst erklärt, dem sie sich größtenteils verweigerten.
Erst ein halbes Jahrhundert später wurde die Kunstwissenschaft auf jene vergessenen Künstler und Künstlerinnen aufmerksam und man stellte fest, dass es sich nicht um Einzelfälle handelte. Unter dem Begriff Verschollene Generation gingen sie daher in die Kunstgeschichte ein.

Für die Ausstellung fiel die Auswahl auf Werke der drei Künstlerinnen aus dem Besitz der ehemaligen Artothek der Rostocker Universität, die bisher noch gar nicht oder relativ selten gezeigt wurden. Die in den 1970er bis Mitte der 1980er Jahre für die Angehörigen der Universität entstandene Sammlung sollte originale Kunst in die Diensträume und Studentenwohnheime bringen. Mit der Abschaffung der Abteilung Kulturarbeit nach 1989 und durch die Neustrukturierung der Universität in den 1990er Jahren geriet jedoch die Artothek immer mehr aus dem Blickfeld sowohl der Verantwortlichen als auch für jene, für die sie einst gedacht war. Sie teilte ein ähnliches Los wie die Künstlerinnen der Verschollenen Generation. Auch die Artothek war zur vergessenen Kunst geworden.

Nach der Präsentation mit Objekten aus der ehemaligen Grafiksammlung wird nun die Zusammenarbeit zwischen Universität und Kunstverein fortgeführt in einer zweiten gemeinsamen Ausstellung, mit dem Ziel auch diese universitäre Kunstsammlung wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.

Zu dieser Ausstellung wird ein Katalog erscheinen. Weitere Informationen dazu folgen.


Vergessene Kunst – das Schicksal einer Generation
ein Film von MV1